Jahresbericht des Vorsitzenden für die Geschäftsjahre 2020 und 2021

Liebe Vereinsfreunde und Gäste. Ich freue mich, dass wir nach und vor den „Corona-Pausen“ heute noch beisammen sein können. Mein Bericht erstreckt sich also auf zwei Vereinsjahre, wobei er auch nicht länger ausfällt als die früheren, weil die Pandemiepausen ja auch Aktivitätseinschränkungen nach sich zogen.

Die Mitgliederzahlen unseres Vereins haben sich folgendermaßen entwickelt;

–          31. 12. 2018        63 Mitglieder

–          31. 12. 2019        69 Mitglieder

–          31. 12. 2020        72 Mitglieder

–         25. 11. 2021        81 Mitglieder

Seit unser letzten Mitgliederversammlung 2019 ist ein Mitglied aus Altersgründen ausgetreten und zwei unserer Mitglieder sind verstorben. Seit Gründung des Vereins vor 12 Jahren haben 24 ehemalige Mitglieder den Verein verlassen. Zwölf davon hatten – wohl meist aus Altersgründen – die Mitgliedschaft gekündigt und die andere Zwölf waren noch zur Zeit ihrer Mitgliedschaft gestorben. In den Jahren 2020 verstarbt unsere Mitglieder Hans Hauschildt aus Sittensen und 2021 Heinz Bensch aus Rotenburg. Herr Hauschildt gehörte zur Gruppe sehr aktiver Heimatfreunde in Sittensen, die dort in der Museumsbetreuung und dem Betrieb des Doktorhauses viel geleistet haben. Herrn Bensch hatte als ehemaliger Bauamtsleiter der Stadt Rotenburg an der Gestaltung der Innenstadt, vor allem der Fußgängerzone großen Anteil. Seine weitreichenden Pläne zu einem Kulturzentrum im Bereich um Stadtkirche, Cohn-Scheune und Kantor Helmke-Haus sind aber nicht mehr zur Ausführung gekommen. Wir bewahren im Archiv für Heimatforschung seine als Privatdruck erschienenen Pläne und Erinnerungen. Im März 2021 starb auch Dr. Ulrich Scheuermann. Dr. Scheuermann war Leiter der Forschungsstelle Niederdeutsches Wörterbuch an der Universität Göttingen. Er hatte seine Promotionsarbeit hier in Rotenburg im Institut für Heimatforschung geschrieben, worüber er – auf meine Bitte hin – uns im letzten Heft 100 der Rotenburger Schriften noch einen sehr schön zu lesenden Artikel geschrieben hat. Ich kannte ihn persönlich aus verschiedenen Treffen im Rahmen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen. Dort habe ich auch erst vor zwei Tagen von seinem Tod erfahren, so dass wir keinen Nachruf auf ihn mehr für den heute vorzustellenden Band 101 verfassen konnten.  Ich bitte Sie sich zum Angedenken an unsere Mitglieder Hans Hauschildt und Heinz Bensch so wie Herrn Scheuermann zu erheben.

Vielen Dank!

Die Finanzen unseres Vereins sind beruhigend gesund, wie Ihnen Wilhelm Hahne im Anschluss vortragen wird. Den Freistellungsbescheid des Finanzamtes für die Jahre 2017-2019 haben wir mit Datum vom 12. 7. 2021 erhalten.

Im Januar 2020 konnte ich kurz vor dem Lock down noch einen Vortrag vor dem Historischen Verein für Niedersachsen in Hannover halten, der sehr gut besucht war. Es ging dabei um neue Erkenntnisse zum schönsten historischen Kartenwerk Niedersachsens, der Kurhannoverschen Landesaufnahme. Am 11. März habe ich den Vortrag hier in Rotenburg noch einmal präsentiert, eh dann unser Veranstaltungsprogramm in den folgenden 20 Monaten ruhen musste. Der Vortrag ist als Aufsatz in den Rotenburger Schriften 100 erschienen.

In den Jahren 2020 und 2021 haben wir 9 Vorstandssitzungen im Archiv für Heimatforschung abhalten können. Wichtigste Themen waren dort die Rotenburger Schriften und die Vorbereitung der Landkartenausstellung.

Zunächst zur Ausstellung: Die Vorbereitungen begannen mit einer Enttäuschung: die EWE-Stiftung lehnte unser Antrag auf Förderung ab und schrieb zur Begründung: „Eine Prüfung ihres Freistellungsbescheides hat ergeben, dass der Verein der Freunde des Archivs für Heimatforschung nur Zuwendungsbestätigungen für Förderung der Heimatpflege / Heimatkunde ausstellen kann Diese Förderungszwecke werden jedoch von unserer Satzung nicht erfasst.“ Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie, denn, wenn wir auf etwas Stolz sind, dann darauf, dass wir den wissenschaftlichen Anspruch an Heimat- oder wie sie moderner heißt Regionalforschung erfüllen. Davon zeugen unsere Publikationen und dort die Reihe der prominenten Historiker, die wir für Vorträge und Aufsätze gewinnen konnten. Manchmal fürchte ich, dass wir eher für ein schmales Fachpublikum schreiben, als das breitere Laienpublikum zu bedienen. Wir haben darauf im Vorstand also etwas getan, das wenigstens ich sonst zu vermeiden suche, nämlich in unsere Satzung geschaut. Dort steht in § 3 Vereinszweck: „Zweck des Vereins ist die Förderung von Heimatpflege und Heimatkunde. Der Verein betrachtet es als seine Aufgabe, das frühere Institut für Heimatforschung, jetzt Archiv für Heimatforschung in Rotenburg (Wümme) in seinen Beständen zu nutzen, die Nutzung durch Dritte zu fördern, das Archiv wissenschaftlich zu betreuen, die Erschließung der Bestände durch historische-, volks- und familienkundliche Forschung zu betreiben und an der Veröffentlichung der Forschungsergebnisse mitzuwirken.“ Also kommen Wissenschaft und Forschung durchaus in unserer Satzung vor. Warum das Finanzamt den gemeinnützigen Vereinszweck darauf eingedampft hat, dass wir nur den „§ 52 Abs. 2 Satz Nr. 22 AO Förderung der Heimatpflege“ betreiben würden, ist mir nicht klar. Vorschläge für eine Satzungsänderungen hatten wir bereits formuliert; sie sind dann im Corona Lock down untergegangen, zumal das Verfahren dafür sich als sehr aufwändig darstellt. Nachdem wir die Kartenausstellung auch ohne die EWE-Stiftung realisieren konnten, ist unser Antrieb in diese Richtung auch noch nicht wieder aufgeflammt.

Wir konnten die Stiftung der Sparkasse Rotenburg-Osterholz, die schon die Anschaffung der Landkartensammlung durch den Landkreis gefördert hatte, auch für die Ausstellungsmitfinanzierung gewinnen. Weitere Unterstützung gewährt uns der Landschaftsverband Stade und ganz unbürokratisch die Sparkasse Scheeßel aus Überschüssen ihres Prämiensparens. Der Rahmungsfirma boesner in Bremen, die einige vorhandene alte und die vielen neuen Wechselrahmen mit qualitativ hochwertigem UV-geschützten Museumsglas ausrüstete und die komplizierten Passepartouts für die zahlreichen Karten schnitt, hat uns eine letzte noch nachgeforderte Ausstellungstafel aus firmeninterner Begeisterung für das Projekt kostenlos gefertigt. Auch Gelder unseres Vereins flossen in die Arbeiten. Wir haben das für gerechtfertig gehalten, weil die Ausstellung auch das 10. Jubiläum unserer Vereinsgründung dokumentieren sollte. Inzwischen sind wir seit der Gründung am 27. 5. 2009 schon über 12 Jahre alt. Dem entspricht, dass seit heute der zwölfte Band der neuen Reihe der Rotenburger Schriften vorliegt.

 Doch zurück zur Ausstellung: Die ausgestellten Landkarten haben wir aus dem Fundus des Bestandes, den das Kreisarchiv aus dem Besitz der Familie Schwiebert erworben hatte, ausgewählt und um einige Stücke aus dem Kreisarchiv sowie meiner persönlichen Sammlung ergänzt, um die Entwicklung des Kartenbildes möglichst lückenlos und anschaulich darstellen zu können. Die Rahmungen und die Begleittexte waren im Herbst 2020 fertig gestellt. Die Eröffnung der Ausstellung erfolgt aber erst heute in Anschluss an diese Mitgliederversammlung. Dabei werden noch genauere Erläuterungen unseres Kreisarchivars erfolgen.

Das andere große Thema unserer Vorstandsarbeit waren die Bände 100 und 101 der Rotenburger Schriften. Heute erhalten Sie den Band 101. Für Band 100, der ja eine runde Zahl bietet, haben wir, wie in der Geschichtswissenschaft üblich, über das eigene Tun und das Tun unser Vorläufer bei der Vereinsarbeit und der Herausgabe der Jahresschrift und ihrer vielen Sonderbände nachgeforscht. So ist ein kritischer Erinnerungsband entstanden, der die Stärken dieser Zeitschrift, ihrer Herausgeber und mancher ihrer Autoren präsentiert, aber auch ihre Schwächen nicht unter den Teppich kehrt. Etwa der Konflikt um die in den Rotenburger Schriften abgedruckten abwertenden Äußerungen zur jüdischen Familie Cohn und das inakzeptable Agieren des damaligen Heimatbund-vorstandes sind nachzulesen. Die damals gemachten Fehler hatten – neben vielen anderen Gründen – zum Untergang des alten Heimatbundes beigetragen.

 Auch den schmerzhaften und komplizierten Prozess der Vereinsliquidierung des Kreisheimatbundes Rotenburg dokumentieren wir im Jubiläumsband. Da wir diesen Band ja nicht öffentlich präsentieren konnten, sondern nur kommentarlos an unsere Mitglieder verschickt haben, seien mir noch einige Sätze zum Band gestattet. Zwei Historiker, Pierre Hessmann aus Brüssel und Ulrich Scheuermann aus Göttingen, die in Rotenburg zu Rotenburger Themen ihre Promotionsschriften verfasst hatten, haben uns sehr einfühlsame kluge Beiträge zur damaligen Zeit geschrieben. Aus dem Bericht von Prof. Hans-Ulrich Hucker aus Vechta sind interessante und unterhaltsame Einblicke in die Personalbesetzungspläne bei Gründung des Instituts für Heimatforschung zu gewinnen. Herr Uwe Janssen berichte aus familiärer Perspektive vom Einsatz seines Vaters des unvergessenen OKD und Heimatbundgründers Helmut Janssen. Uwe Janssen war schon seit der Gründung unseres Vereins Mitglied, seine beiden Brüder Dirk und Gerd Janssen sind in vergangenen Jahr auch unserem Verein beigetreten.

Sönke Kosicki hat aus den Unterlagen des alten Heimatbundes und denen des Altkreises Rotenburg die Entstehungsgeschichte mit Bau- und Finanzierung des Instituts für Heimatforschung  recherchiert. Diese wirklich niedersachschenweit einmalige Einrichtung war im November 1964 eingeweiht worden und wurde 2009 mitsamt des großen Erweiterungsbaus von 1988 verkauft und im Januar 2010 abgerissen.

Einer der schönsten Beiträge in Heft 100 stammt von unserem Kreisarchäologen Dr. Stefan Hesse, der das Phänomen einer wissenschaftlichen-modernen und damit aufwändigen archäologischen Forschung durch den Heimatbund und nicht etwa staatliche Stellen in den Jahren vor 1980 beschreibt. Erst danach stellte der Landkreis selbst den Kreisarchäologen an, wobei der hauptamtliche angestellte Dr. Tempel aber weiterhin ehrenamtlicher die Betreuung des Heimatmuseums auf dem Burgberg übernahm.

Stefan Hesse und ich haben gemeinsam die Rotenburger Schriften mit den Nummern 1 bis 100 auf Erscheinungsform und Inhalt untersucht. Die Reihe umfasst 87 Einzelbände, denn 13 mal wurde zwei Nummern für einen sogenannten „Doppelband“ vergeben. Sie finden in dem Aufsatz graphische Darstellungen der Themen und Orte, die in den Bänden behandelt wurden.

Einen der interessantesten Autoren der Zeitschrift Herr Dr. Hans-Joachim Wolff, Lehrer am Rotenburg Ratsgymnasium habe ich bezüglich seiner Person, seines Wirkens und der von ihm recherchierten Themen beschrieben.

Vom  regionalhistorischen Teil des Bandes 100 sind ein Aufsatz zum Kriegsende 1945 im Raum Zeven, ein Beitrag zur Wassermühle in Grapenmühlen und, wie erwähnt, ein Aufsatz zur Kartengeschichte der Kurhannoverschen Landesaufnahme zu erwähnen. Der Band erreicht einen Umfang von 272 Seiten. Damit war es etwas weniger umfangreich als der nachher vorzustellende Band 101 mit 288 Seiten. Alle zwölf Bände der vergangenen Jahre waren zwischen 210 und 320 Seiten stark. Die Kosten für die Auflage von 450 Exemplaren haben sich in den letzten vier Jahren zwischen 4460 und 5376 € bewegt. Der heutige Band kostete 5280 €. Das sind die reinen Druck- und Layout-Kosten des pd-Verlags in Heidenau und unser überaus geduldigen und kompetenten Layouterin Frau Katrin Schwarz. Die Redaktion aus Frau Dr. Luise Knoop, Herrn Dr. Walter Jarecki und mir arbeitet ehrenamtlich.  Meinen Mitherausgebern möchte ich eine Dank und ein großes Kompliment für die Qualität ihrer Arbeit sagen.

Nicht unerwähnt bleiben dürfen aus unserem Vorstand Herr Wirtschaftsprüfer Wilhelm Hahne als Kassenwart, Herr Michael Meyer als stellvertretender Vorsitzender und Herr Stefan Hesse als Schriftführer. Ihre Zuverlässigkeit lässt das Amt des Vorsitzenden für mich tragbar sein. Besonders positiv ist auch die Rolle, die Sönke Kosicki in unserem Vorstand übernommen hat. Als Kreisarchivar ist er auch für das hiesige Archiv für Heimatforschung und seine Bestände verantwortlich. Dass wir alle damit zusammenhängenden Fragen auf unseren Vorstandssitzungen erörtern können, entspricht dem Ideal der kurzen Wege und der direkten Zusammenarbeit. Sein Bericht über die Arbeit des Kreisarchivs folgt im Anschluss. Als Beigeordnete ist Frau Dr. Luise Knoop im Vorstand vertreten. Leider hat sich Frau Alice Bargfrede, die eine ganz wichtige Rolle bei der Vereinsgründung gespielt hat und in den ersten 10 Jahren des Vereins den Posten der stellvertretenden Vorsitzenden übernommen hatte, sich ganz aus der Vorstandsarbeit zurückgezogen. Ich möchte ihr hier noch einmal herzlich für ihren großen Einsatz danken und dabei an ihre große Fachkompetenz in historischen und kunstgeschichtlichen Fragen erinnern.

Zum Abschluss meines Berichtes seien am Rande noch einige Themen erwähnt, die wir bearbeitet haben. Die Kosten für unseren Internet-Provider konnten wir auf Initiative von Wilhelm Hahne senken und ortsnäher verlagern. Der Wechsel von Frau Mischok zu Frau Schulz und jetzt zu Frau Bierwirth bedeutete jedes Mal eine Verständigung über den Umfang und die Art der Aufgaben, die von den Archivbetreuerinnen übernommen werden. Die Bibliothek wächst und ihre Erschließung ist, wie Herr Kosicki sicher gleich noch berichten wird, auf einen hohen Level angekommen. Wir sind dem Landkreis dankbar für die Arbeitsmöglichkeiten, die uns im Archiv für Heimatforschung gewährt werden.

Ich dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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