Das ehemalige Institut für Heimatforschung in Rotenburg (Wümme) – neuer Namen, neuer Träger, neue Perspektive

von Dr. Wolfgang Dörfler

In den 60er des vorigen Jahrhunderts gegründet war diese Einrichtung zwei Jahrzehnte ein „Leuchtturm“ in der Regionalforschung, der Vertriebenenforschung und der niedersächsischen Volkskunde. Der Leiter war ein von der Universität Göttingen delegierter Wissenschaftler, die Rotenburger Schriften erschienen mit finanzieller Unterstützung des Landes Niedersachsen. Zahlreiche Arbeiten, darunter 10 Dissertationen wurden am Institut geschrieben. Kurz vor dem natürlichen Rückzug der Gründergeneration war es in den 80er Jahren noch einmal gelungen, öffentliche Mittel für einen großzügigen Anbau zu beschaffen, der u.a. das Angerburger-Archiv und den Nachlass von Alfred Cammann aufnahm, beide mit dem Forschungsschwerpunkt „Deutsche in und aus Osteuropa“.

 

Der Eingangsbereich des ehemaligen Institut für Heimatforschung

Der Eingangsbereich des ehemaligen Institut für Heimatforschung

Mit der Pensionierung des Leiters Dr. Günter Petschel wurde auch die finanzielle Förderung des Landes für die Rotenburger Schriften eingestellt. Ein neuer Heimatbundvorstand war durch andere schwere Probleme gebunden und hatte aber auch das Interesse an der Forschung verloren. Das Institut war für den Vorstand des Rotenburger Heimatbundes zu einem Objekt mit reinem Immobilienwert geworden. Ein Teilverkauf des Grundstücks war bereits 2003 erfolgt. Das Geld war aber nicht zur erforderlichen baulichen Sanierung des Institutsgebäudes sondern für andere Aufgaben im Verein (so die bauliche Sanierung des Museums nach der Brandstiftung) verwendet worden. 2009 erhoffte man durch den Verkauf der Immobilie und des Restgrundstücks an ein benachbartes Hotel, die Finanzen des Vereins sanieren zu können.

Die Benutzer des Instituts haben in dieser Situation gefordert, das Institut mit dem Angerburger Archiv dem Landkreis Rotenburg als Träger zu übergeben und einen wesentlichen Teil der Verkaufsumme für den Umzug und die Herrichtung neuer Räume zu verwenden. Ohnehin war die Einrichtung ursprünglich unter entscheidender Mithilfe des alten Kreises Rotenburg geschaffen worden, dessen OKD zugleich langjähriger Vorsitzender des Heimatbundes gewesen war und beinhaltete u.a. die alte Kreisverwaltungsbibliothek und Teile des Archivs des Altkreises Rotenburg (Wümme). Zugleich war es unser Wunsch, dass die derzeitige Betreuerin des Instituts Frau Mischok vom Landkreis übernommen würde.

Der Landkreis hat seine Zuständigkeit anerkannt und 300.000 € (aus der Verkaufsumme von 540.000 €) für die Neueinrichtung gefordert. Die Einrichtung sollte als Nebenstelle des in Bremervörde angesiedelten Kreisarchivs betrieben werden und in Zukunft Archiv für Heimatforschung Rotenburg (Wümme) heißen. Dabei wird ein großer Synergieeffekt dadurch zu erzielen sein, dass die zukünftigen Räume im gleichen Gebäude liegen werden, in dem auch die Archäologie des Landkreises Rotenburg ihre Unterkunft hat.

Die Forderung des Landkreises wurde vom Heimatbundvorstand abgelehnt, so dass es am 4. 5. 2009 auf der Mitgliederversammlung des Vereins zu einer Kampfabstimmung gekommen ist. Dort wurde die Abgabe des Instituts und die Ausstattung mit dem genannten Teil des Verkaufserlöses mit großer Mehrheit akzeptiert, woraufhin der gesamte Vorstand des Heimatbundes zurücktrat. Da sich auch kein neuer Kandidat für den Vorsitz fand, musste ein vom Amtsgericht eingesetzter Notvorstand die Geschäfte des Vereins führen.

 Die Institutsgebäude werden abgerissen

Aufnahmen vom 1.Februar 2010: Die Institutsgebäude werden abgerissen. Hier ist der Anbau dran

 Die Institutsgebäude werden abgerissen

Aufnahmen vom 1.Februar 2010: Die Institutsgebäude werden abgerissen.

 Die Institutsgebäude werden abgerissen

Aufnahmen vom 1.Februar 2010: Die Institutsgebäude werden abgerissen.

Aus der Gruppe der langjährigen Nutzer des Instituts hat sich ein neuer Verein gegründet, der sich Freunde des Archivs für Heimatforschung in Rotenburg (Wümme) nennt. Wir haben uns zum Vereinsziel gesetzt, die inhaltliche Arbeit einschließlich der Herausgabe der „Rotenburger Schriften“ in Zukunft ehrenamtlich sicherzustellen. Für alle Vorstandsposten haben sich qualifizierte Kandidaten gefunden, wobei allerdings der plötzliche Tod des Rotenburger Stadtarchivars Dr. Dietmar Kohlrausch, der zu den Initiatoren des Projektes zählte und der bereit war, eine wichtige Rolle im neuen Verein zu übernehmen, uns schwer getroffen hat.

Die Gründungsversammlung des Vereins fand am Mittwoch den 10. 6. 2009 statt. Inzwischen ist der Verein beim Amtgericht eingetragen und hat seine Arbeit aufgenommen. Die Institutsbestände sind nunmehr auf drei Standorte verteilt: das Angerburger-Archiv und große Teile des Archivs für Heimatforschung lagert im Keller des „Vögele-Hauses“ in der Innenstadt. Dort hat der Landkreis auch ein Arbeitszimmer für die Betreuerin der beiden Archive eingerichtet. Das Zeitungsarchiv lagert in den Räumen des Gesundheitsamtes in Rotenburg. Der Cammann-Nachlass und die historische Bücherei des Instituts lagern in Zeven-Aspe, um in der Interimszeit bis zur Neueinrichtung des Archivs am neuen Ort wenigstens notdürftig nutzbar zu sein.
Der Verein hat seine Arbeit mit einem Vortragsprogramm aufgenommen. Dazu finden monatlich öffentliche Vorträge zu historischen Themen statt. Neben der Ordnung der eingelagerten Bestände haben wir damit begonnen, uns um die Wiederherausgabe der Rotenburger Schriften zu kümmern.

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